An den Feuern der Leyermark, Cowboys, Leder
Fiktion,  lesen

Carl Amery // An den Feuern der Leyermark

Verläuft Geschichte notwendig? Also: bestimmen Ereignisse bereits die folgenden Ereignisse? Oder auch: ist der Verlauf der Welt Vorbestimmung und Schicksal unterworfen? Wer sich für solche Fragen interessiert, entwirft oft alternative historische Szenarien. Carl Amery lässt beispielsweise knapp 600 amerikanische Bürgerkriegsveteranen in den Deutschen Krieg eingreifen – und Bayern, bzw. die Leyermark zum wichtigsten zentraleuropäischen Staat werden.

  • warum lesen? interessantes Szenario, fragmentarischer Stil, Thematisierung u.a. von historischer Notwendigkeit und Rassismus
  • ein Buch für: Philosophen, Geschichtsinteressierte

Das Setting flasht mich dermaßen. Ein bayerischer Beamter, der von der historisch notwendigen Niederlage Bayerns im Deutschen Krieg gegen Preußen ausgeht und in einem Akt vorgreifenden Ungehorsams bedeutende Anteile des Militärbudgets dafür ausgibt, Waffenrestbestände aus dem amerikanischen Bürgerkrieg zu ordern – an deren Existenz er gar nicht glaubt. Die Waffen treffen allerdings tatsächlich ein, samt ihrer Besitzer – erfahrene Recken des Bürgerkriegs. In diese 560 Herren bringen alles durcheinander und verhelfen letztendlich Bayern, bzw. der Leyermark zum Sieg.

Ich erwartete einen trashigen, abgedrehten Mix aus Western und Science Fiction mit viel Kampf und Action. Ich bekam einen eliptischen fragemtartigen Roman, der die Geschichnisse aus der Perspektive von etwa 15 verschiedenen Protagonisten, die keineswegs untereinander Kontakt haben. Es sind kurze Szenen, Reden, historische Abhandlungen, Verhörszenen. Die immerhin chronologisch geordnet, das Geschehen keineswegs vollständig abbilden. Die Sprache ist teils technisch, wissenschaftlich, teils prosaisch, teils von bayerischem, amerikanischen und französischen Akzent durchtränkt. Nicht immer leicht verständlich, eher anspruchsvolle Literatur.

Das ständige Gewechsel hat zur Folge, dass nur ganz wenige Charaktere wirklich Tiefe erhalten. Sämtliche Bürkerkriegsveteranen bleiben oberflächlich, lediglich er Beamte, der die Entwicklungen lostrat sowie eine Muße, die im Laufe der Geschichte mit mindestens drei Männern anbandelt, erhalten charakterliche Tiefe.

Mit anderen Worten: Das Buch enttäuschte mich etwas. Werde es dennoch ein zweites Mal lesen – sofern ich mich zuvor etwas intensiver mit dem Deutschen Krieg auseinandergesetzt habe. Ich vermute nämlich allerhand Anspielungen. So konnten die Preußen den Deutschen Krieg unter anderem aufgrund besserer Waffentechnik gewinnen. In Amerys Buch gewinnt Bayern aufgrund der hervorragenden amerikanischen Rifles.

Interessant ist vielleicht noch, wie Amery das Thema Rassismus aufgreift. Entsprechende Koflikte entstehen zwischen den Amerikanern – darunter auch Indianer, Mexikaner, Iren und Schwarze – und der ländlichen Bevölkerung Bayerns und münden in einem Fall im Mord – der aber nur in einem Nebenstrang erzählt wird.

Carl Amery // An den Feuern der Leyermark
3. Auflage 1988 // 1979
Nymphenburger Verlagshandlung // Heyne
348 Seiten

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