
John Eldredge // Alles neu
Wie wird die Welt enden? Und was wird dann geschehen? Geeignete Themen für apokalyptische Filme und religiöse Texte. Zumindest was die Bibel betrifft, möchte Eldredge für Klarheit sorgen.
- darum lesen: macht Hoffnung
- darum nicht lesen: theologisch wenig Tiefgang
Eldredge gehört dem evangelikalen Lager an und begreift die Bibel auf eine möglichst einfache und direkte Weise. Was er dort liest, hält er zunächst einmal für wahr. Ich halte das für einen guten ersten Ansatz. Auch wenn ich absolut nichts dagegen habe, anschließend tiefer zu schürfen und erste Erkenntnisse wieder zu verwerfen. Es braucht aber schon gute Gründe, an die Bibel zu glauben und den einfachen Aussagen zu misstrauen.
Die einfachste Aussage, die Eldredge zu der Zeit nach unserem Tod findet, lautet: Alles neu. Der Titel des Buches. Der Herr wird alles neu machen. Die Welt, uns Menschen, die Tiere – alles:
- Matthäus 19,28
- Offenbarung 21,5
- Jesaja 65,17-19
- Römer 8,19-23
- 2. Petrus 3,13
Wenn man diese Bibelstellen so versteht wie Eldredge, ist das schon eine sagenhaft hoffnungsvolle Botschaft. Jesus ist für dich gestorben un als nächstes macht Gott alles neu. Alles, was wir verloren haben, wird wieder hergestellt. Es wartet eine bessere Schöpfung auf uns. Eine Welt 2.0 ohne Geschrei und ohne Leid. Die Schöpfung, wie sie von Anfang an gedacht war. Voller Menschen, die erneuert wurden, mit Herzen, die ganz auf Gott ausgerichtet sind. Eine Schöpfung, wie sie nicht mehr war seit dem Sündenfall.
John Eldredge schreibt, dass wir eine genaue Vorstellung davon brauchen, was uns erwartet. Eine vagen Vorstellung dessen, was nach dem Tod kommt oder auch nicht kommt, gibt niemandem Hoffnung. Und deswegen beschreibt er über große Teile seines Buches hinweg die neue Schöpfung. Er zeichnet uns ein Bild vor Augen, dass uns begeistern und Sehnsüchte in uns wecken soll. Dazu benutzt er jede Menge Film- und Buchzitate. Vor allem der Herr der Ringe und Narnia haben es ihm angetan. In diesen Abschnitten schwankt er zwischen bunter Prosa und Geschwafel. So träumt er beispielsweise auf mehreren Seiten davon, auf welchen Tieren wir reiten werden. Mit anderen Worten: Es wird recht schnell banal und oberflächlich. Aber Eldredge ist es wichtig, die neue Schöpfung konkret werden zu lassen und nicht von etwas Diffusem zu sprechen oder gar von einem Ort, an dem unsere Seelen körperlos vor sich hin existieren.
In Zeiten von AfD und vielerorten erfolgreicher Rechtspopulisten sowie hysterischer Linker kann dieses Buch wirklich eine Medizin sein. Gerade für Christen, die in diese Kreise geraten. Es ist ok, Angst vor dem Islam oder vor Nazis zu haben. Aber wir müssen uns von dieser Angst nicht dazu verleiten lassen, Dinge zu tun, die wir normalerweise nicht tun würden. Wir müssen nicht zu dem Bösen in der Welt auch noch beitragen. Unser Gegenüber ist immernoch ein Mensch. Und wir haben eine Hoffnung, die über jedes Leid und jede Not hinausreicht.
Dieser Schwärmerei von der neuen Welt stehen biographische Geschichten gegenüber. Er berichtet von dem Leid, das er erfahren hat und wie es in der neuen Welt ausgeglichen wird. Und das hört sich schon gut an: Unsere Verluste werden zurückgezahlt, unser Einsatz für das Reich Gottes gewürdigt, unsere Geschichte erzählt. Für John Eldredge ist diese neue Schöpfung die einzige letzte Hoffnung auf die es sich zu setzen lohnt und die uns Halt gibt, wenn all unsere anderen Hoffnungen zerplatzen wie Seifenblasen. Wer dagegen seine letzte Hoffnung auf einen Menschen, einen Job, ein Haus oder was auch immer setzt, muss Schicksalsschläge fürchten, die dann auch das Potenzial haben, ihn zu vernichten.
Am Ende gibts noch die eine andere konkrete Anwendung, etwa sich zu überlegen, welche drei Dinge man in der neuen Welt gerne als erstes tun möchte. Surfen? Auf einen Berg steigen? Mit Huskies durch den Schnee? Sich mit vermissten Menschen unterhalten? Moses kennenlerne? Auch bei diesen Gedankenspielen geht es letztlich auch darum, die Vorstellung von der neuen Welt realer werden zu lassen.
Ich muss ehrlich sagen: Ich denke gerne an diese zukünftige Welt. Auch, wenn mich das Gelaber nervt. Oder Eldredges manipulative Fragen. Wer kann sich eine Welt ohne Ozeane vorstellen? Warum sollte es anders sein? Aber der Gedanke ist dennoch schön und tröstlich. Er kann Menschen dabei helfen, Leid zu ertragen oder den schmaleren Weg zu gehen; Nachteile für den Glauben auf sich zu nehmen.
Freilich, die Gefahr des Extremismus wächst dabei auch: Wer auf ein Paradies hofft, distanziert sich auch von jenem irdischen Leid, das er anderen zufügt. Diese Möglichkeit spielt bei Eldredge nicht wirklich eine Rolle. Er richtet sich an jene, die auf der Seite des Guten stehen und den ewigen Kampf gegen das Böse gewinnen.
John Eldredge // Alles neu
Deutsche Hardcoverausgabe 2018 // 2017
Brunnen // Nelson Books
227 Seiten
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