Buddenbrooks, Polster
Fiktion,  lesen

Thomas Mann // Buddenbrooks

Der Untertitel der Buddenbrooks lautet: Verfall einer Familie. Macht mir ja sowas von Lust. Nicht. Natürlich ist es dennoch ein großartiges Werk. Aber gegen Ende hin gings mir genau wie zu Beginn: Das Lesen machte immer weniger Spaß.

  • darum lesen: Weltliteratur, großartige Gesellschaftsanalyse, tiefe Charaktere
  • darum nicht lesen: vielleicht etwas zu tief. Mit zu vielen Ausflügen. Mir insgesamt etwas zu deprimierend.

Die Buddenbrooks fanden mich im Treppenhaus. Ich ging hinunter und dann lag es da. Leineneinband, Lederrücken, Frakturdruck. Ein Nachdruck der Deutschen Buchgemeinschaft von vorm Krieg. Schönes Ding. Gar nicht so einfach zu lesen. Aber ein Erlebnis. Hat sich gleich alles viel historischer angefühlt.

Buddenbrooks mit Frakturschrift

Vier Generationen Buddenbrooks. Und nur eine Figur ist ganz am Anfang dabei und ganz zum Schluss noch am Leben: Tony Buddenbrook. Sie ist wie viele der anderen tiefen Charaktere einem Realvorbild aus Thomas Manns Familie und deren Umfeld nachempfunden. Das Buch wirkt fast wie die Geschichte der Tony und über ihr unglückliches Liebesleben. Die Figur an der der Aufstieg und Untergang der Familie Buddenbroock aber am deutlichsten wird, ist ihr Bruder Thomas Buddenbrook.

Mann zeichnet die Charaktere durch Äußeres, durch direkte Rede, durch Farben. Show don’t tell in Perfektion. Da steckt richtig viel unter der Oberfläche, etwa die lebenslange Zuneigung der Tony zu ihrer ersten und unglücklichen Liebe. Die Figuren sind so echt, dass sie mir allesamt sympathisch werden – obwohl sie charakterlich ganz und gar nicht einwandfrei sind.

… und der Autor seine Figuren selbst gar nicht unbedingt ernst nimmt. Er macht sich lustig über Empfindsamkeit, Pfaffen, Hypochondrie.

Soweit zum Guten.

Buddenbrooks Spanungsschema
So sieht der Aufstieg und Fall der Familie Buddenbrook schamtisch aus.

Der Verfall nervt mich wie gesagt etwas. Die Figuren sterben alle immer früher. Der Senior wird noch 77, der Junior nur noch 55, Thomas 49 und sein Sohn nichtmal 16. Das Unglück ist unvermeidlich, zum Teil aber etwas banal. So stirbt Thomas an seinen Verletzungen, als er nach einer schmerzhaften Zahn-OP der länge nach auf die Straße knallt. Hm. Eine allzugroße Rolle spielen auch die Schwiegersöhne, die sich allesamt als Fehlgriffe erweisen. Der eine ist ein Betrüger, der nächste ein Säufer, ein anderer ein Erbschleicher und der letzte ein Verbrecher. Die Gefahr lauert außerhalb der Familie. Und so kann Thomas noch so erfolgreich sein, politisch als auch als Kaufmann. Er hat keine Chance. Selbst wenn er nicht früh gestorben währe – die Familie wäre gescheitert, weil es auch zwanzig Jahre später niemanden gegeben hätte, der sich für die Firma interessiert hätte. Sein einziger Sohn war leidenschaftlicher Musiker.

Buddenbrooks frontispiz

Ich werde die Buddenbrooks sicherlich kein zweites Mal lesen. Aber das Buch immer mal wieder aus dem Regal nehmen, in den Händen halten, darin blättern und den Duft einatmen.

Thomas Mann // Buddenbrooks
Ausgabe der DGB von etwa 1930 // 1901
Deutsche Buchgemeinschaft // S. Fischer
729 Seiten

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