
Warren Wiersbe // Sei-Reihe zum Alten Testament
Warren Wiersbe ist ein amerikanischer evangelikaler Theologe. Sein Leben lang hat er die Bibel kommentiert. Die Reihe „Be …“ bzw. im deutschen „Sei …“ ist eine recht einfach geschriebene Kommentarreihe zum Alten Testament.
- Darum lesen: Insbesondere die Kommentare zu den Geschichtsbücher sind stark und eröffnen weitere Perspektiven.
- Darum nicht lesen: Man muss den evangelikalen Ansatz schon mögen. Bei Gesetzestexten, Psalmen, Lyrik usw. eher schwach.
Mein erstes Buch der Reihe war Sei stark zum Buch Josua, das ich parallel zum Bibelschulunterricht auf Schloss Klaus gelesen habe. Dieses Buch fand ich so gut, dass ich mir nach und nach die gesamte Reihe kaufte – und auch nach und nach lesen werde.
Generell sind die Kommentare Wiersbes gut aufgebaut. Er teilt ein Buch oder einen Abschnitt in Sinnzusammenhänge von ein paar Versen bis zu zwei oder drei Kapiteln ein. Und diese wiederum unterteilt er nach Aussagen oder unterschiedlichen Gesichtspunkten eines Zusammenhangs. Leider fehlt eine Verschlagwortung über die gesamte Reige hinweg. Ob der Bibeltext nacherzählt weg hängt maßgeblich damit zusammen, wie viel er zu einem Abschnitt zu sagen hat. So oder so sollte der Text in der Bibel gelesen werden. Wiersbe führt viele Bibelzitate an, räumt anderen Meinungen Platz ein, nennt einige Bücher mit weiterführenden Informationen und erklärt verborgene Zusammenhänge oder Bedeutungen des hebräischen Urtextes. Am Ende des Buches folgen Fragen zum Bibelstudium, weshalb man seine Bücher auch gut in einem Bibelkreis gemeinsam lesen kann.
Anzumerken währe noch, dass Wiersbe die Bibel sehr wörtlich nimmt und fragliche Stellen teilweise etwas fragwürdig glatt zu bügeln versucht. Allzuoft gibt es leider Formulierungen, die Wuderspruch beim Leser im Keim ersticken will.
Inhaltsverzeichnis
Sei fest gegründet (Genesis 1-11)

Das Buch Sei fest gegründet über Genesis 1-11 hat mich theologisch enttäuscht. Zu viele Fragezeichen musste ich mir an den Rand malen, zu viele Passagen unterringeln. Zu viele Behauptungen lässt Wiersbe im Raum stehen ohne sie zu begründen oder zu belegen. Abweichende Meinungen werden leider etwas untergebuttert und Belege oder Begründungen seiner eigenen Interpretation fehlen.
Das Buch umfasst nur die ersten elf Kapitel von Genesis, weil Warren Wiersbe der Meinung ist:
Wenn man die grundlegenden Wahrheiten des ersten Buches Mose – insbesondere der Kapitel 1-11 – versteht, erhält man den Schlüssel, den man braucht, um Zugang zu den übrigen biblischen Büchern zu finden und zur Ehre Gottes zu leben.
Entsprechend viel Wert legt er auf diese elf Kapitel und widmet ihnen ein eigenes Buch.
Sei stark (Josua)

Sei stark ist der Grund, warum ich mir alle anderen Bücher der Serie ebenfalls besorgte. Josua war eine Unterrichtseinheit meiner Bibelschulzeit und ich war begeistert, wie viel man aus diesem Buch herausholen konnte. Ein Blick in die Schlossbibliothek verrieht mir, dass ein Großteil der Inhalte vermutlich aus Sei stark entnommen waren. Ich las das Buch und lernte noch mehr über Josua.
Ich glaube, Warren Wiersbes Kommentare sind immer dann stark, wenn sie sich auf eine Erzählung beziehen. Mit Gesetzestexten, Psalmen und Liedern, Aufzählungen und Geschlechterregister kommt er weniger gut zurecht.
Sei hingegeben (Rut, Ester, Hohelied)
Der deutsche Titel Sei hingegeben triffts nicht ganz so gut wie der englische Titel Be Commited. Rut gibt sich ihrer Beziehung zu Noomi und ihrer neuen Heimat Israel hin, Ester als persische Königin ihrem Volk und im Hohelied ein Ehepartner dem anderen.
Ich finde diesen Band relativ schwach. Oder bin ich Wiersbe einfach leid? Wird eine Weile vergehen, bevor ich wieder ein Buch von ihm lese. Rut war mir in Wiersbes Augen zu negativ Noomi gegenüber. Ester kommt dagegen im Vergleich zu positiv weg. Das ist mir einfach zu schwarz/weiß interpretiert. Das Hohelied wirft Wiersbe dem Leser dann achtlos hin. Der Abschnitt ist nicht merh als ein paar Seiten, die nicht maßgeblich über eine Zusammenfassung des Bibeltextes hinausgehen. 17 Seiten für acht Kapitel. So viel schreibt er sonst über ein, maximal zwei Kapitel. Man könne das Buch Hohelied gut zur Basis für eine Ehekurs machen, schreibt er. Schön. Warum lese ich dann so wenig darüber?
Sei ein Anbeter (Psalmen 1-89)

Sei ein Anbeter, der Kommentar zu dem ersten Teil der Psalmen, war bisher das schwächste Buch der Sei-Reihe. Habe es sehr langsam gelesen, alle paar Tage ein Psalm und dann die dazugehörenden zwei bis vier Seiten im Buch. Hat vielleicht ein halbes Jahr gedauert, vielleicht auch länger. Doch selbst über diesen langen Zeitraum empfand ich das Buch als sehr redundant. Die Psalmen ähneln sich in ihrem Stil und ihrem Inhalt dann doch recht stark, das gleiche gilt für die einzelnen Kapitel dieses Buches. Und so kann ich keinesfalls empfehlen, dieses Buch von vorne bis hinten durchzulesen. Als Nachschlagwerk zu einem einzelnen Psalm vielleicht ganz ok.
Sei mutig (Esra, Haggai, Sacharja)

Nach vielen Jahren in der babylonischen und persischen Gefangenschaft, kehrte ein Teil des Volkes Israel in dei Heimat zurück. Dort wurde der Tempel, die Stadtmauer und natürlich auch die Stadt an sich wieder aufgebaut. Esra führte die erste Gruppe zurück, um den Tempek zu bauen. Haggai und Sacharja waren Propheten, die in dieser Zeit zu den Israeliten sprachen. Später folgte dann Nehemia, der die Stadtmauer wieder aufbaute.
Das Buch heißt im Original Be Heroic, was nicht ganz das gleiche ist, wie Sei mutig. Nun, Wiersbe hat halt einen Kommentar zu den drei biblischen Büchern geschrieben. Und kein Buch zum Thema Heldentum oder Mut. Und so haben die Verlage sich eben Titel gesucht, die möglichst gut in die Reihe passen. Wer ein Buch über Mut sucht, wird bei Sei mutig enttäuscht.
Sei fest entschlossen (Nehemia)

Eins von zwei Bücher über Nehemia, die ich bisher gelesen habe. Dieses hier ist das fundamentalistisch-evangelikale. Der Grad an wissenschaftlichem Geist und Analysekraft ist bei Wiersbe unglaublich viel niedriger als bei dem anderen Buch: Rebuilding Identity von Jacob Wright. Wiersbes Ziel ist es allerdings auch nicht, die Bibel zu hinterfragen, sondern das, was da eben geschrieben steht, möglichst klar auszulegen. Sein Schwerpunkt liegt bei Leiterschaft, Gebet und dabei, im Reich Gottes zu dienen.
Dort, wo im Buch Nehemia einfach nur eine Geschichte erzählt wird, liest sich fest entschlossen sehr gut. Seine Kapitel über die Listen, Register und lange Gebete schweifen dagegen schnell in Gelaber ab. Mir fehlt außerdem etwas kritische Tiefe. Der Vergleich mit Esra drängt sich doch nahezu auf. Wie kam es, dass das Volk Israel nach der Verbannung in relativ kurzer Zeit zwei Mal in die gleichen alten Verhaltensmuster zurückfiel? Darauf gibt es einfache Antworten und ich würde mir wünschen, dass jemand wie Wiersbe diese oder andere Antworten aufgreift und unterfüttert.
Der Autor
Warren Wiersbe war ein amerikanischer evangelikaler Theologe. Er war beispielsweise sieben Jahre lang Pastor in der Moody Church und leitete ein christliches Radioprogramm. Er arbeitete außerdem für verschiedene theologische Hochschule, etwa Trinity oder Cornerstone.

